Die Herbergen auf dem Camino sind ganz unterschiedlich ausgestattet. Man kann Glück haben und ein 2 Bettzimmer bekommen, aber ebenso in einem Schlafraum mit +-20 Betten landen. Viele Herbergen haben Waschmaschinen, andere sogar Wäschetrockner und wieder andere haben nur Becken für die Handwäsche. Da wir bei der Wahl unserer Kleidung darauf geachtet haben, dass alles schnell trocknet, war das für uns kein Problem.
Es gibt Hostels die ein günstiges Pilgermenü und sogar Frühstück anbieten, während in einigen eine Küche zur Selbstversorgung bereit steht, oder man geht in der Nähe in einem Lokal essen.
Am Ende unserer ersten Etappe waren wir in einer unglaublich netten und urigen Herberge. Die große Diele war in Mustern aus Kieselsteinen gepflastert und überall standen Stühle, Sofa und große alte Truhen. Jeder der herein kam, wurde ersteinmal auf einen Stuhl verfrachtet und bekam ein Glas Wasser, dass immer sofort nachgeschenckt wurde. Dazu gab es zur Stärkung eine große Schüssel mit Nüssen. Erst dann wurden die Formalitäten erledigt und man bekam den Stempel in seinen Pilgerpass.
Anschließend setzten wir uns zu den anderen Pilgern und unterhielten uns mit ihnen. Wir bemerkten gleich, dass sich die Herzlichkeit der Herbergsbetreiber in der Bewirtung, der Stimmung und in allen Anwesenden spiegelte.
Es ging sehr lustig zu. Da war zum Beispiel Marry aus Kanada. Sie ist über 70 Jahre alt und ist mittlerweile sieben mal den Camino de Santiago gegangen. Lebenslustig und sehr kommunikativ hat sie die ganze Herberge unterhalten. Eine echte Stimmungskanone, mit viel Humor und Herz. Eine junge Frau aus den Niederlanden sprach sehr gut deutsch und englisch und übersetzte viel. Diese gesellige, lustige Runde ließ einen für einen Augenblick alle schmerzenden Muskeln vergessen.
Anschließend gab es an liebevoll gedeckten Tischen, ein reichhaltiges Pilgermenü und dazu wurde Rotwein und Wasser gereicht.
In anderen Hostels wiederum geht es ruhiger und nicht ganz so ausgelassen zu. Aber die Wanderer waren immer freundlich und man merkte auch schnell, wer Geselligkeit und Unterhaltung möchte und wer lieber grade für sich sein möchte.
Nur einmal war ein etwas aufdringlicher Mann dabei, dem man freundlich, aber bestimmt seine Grenzen zeigen musste. Es gib eben manchmal auch Menschen, denen es an Feingefühl mangelt und die kein Gespür für die Befindlichkeiten anderer haben. Aber auch das lässt sich freundlich regeln.
Ich muss gestehen, was die Herbergen angeht, war ich erst skeptisch und hatte Bedenken, wie es sein wird, mit vielen anderen, fremden Menschen in einem Raum zu schlafen. Aber es stellte sich heraus, dass es überhaupt kein Problem war. Unsere Erfahrung war, dass jeder den kleinen Raum des anderen achtete. Außerdem waren wir abends so müde, dass das Schnarchen der anderen völlig egal war. Jörg schläft eh immer mit Ohrstöpseln und ich kann bei Geschnarche schlafen, da ich es für mich in eine Art meditatives Geräusch wandeln kann.
Allgemein muss man sagen, dass auch Ende April auf dem Jakobsweg schon viel los ist. Wir hatten zwar auch viele Strecken, auf denen wir ganz alleine waren, aber es war wirklich ratsam mindestens zwei Hostels im voraus zubuchen.
Als ich dann später krank wurde, hat Jörg uns ein Hotelzimmer gebucht und auch das war schon nicht ganz einfach, da viele Pilger, wegen ausgebucht Herbergen, auf Hotels ausweichen mussten.
Ratsam ist es auch, sich einen sogenannten Innenschlafsack mit Insektenschutz mitzunehmen, da es vorkommen kann (nicht muss), dass sich nachts Bettwanzen an dir ernähren wollen. Dies hat übrigens nichts mit mehr oder minder Sauberkeit zu tun. Es kann einfach passieren, wenn hunderte von Menschen ein und aus gehen. Am meisten Sinn macht der Insektenschutz natürlich, wenn man seinen normalen Schlafsack IN den "Innenschlafsack" steckt.
Wir wollten anfangs nicht zu weit voraus buchen, da wir ja noch nicht einschätzen konnten, welche Streckenlänge wir schaffen. Doch nun würden wir immer 2 und mehr Herbergen oder Hotelzimmer im voraus buchen. Praktisch sind auch die Gepäcktransport-Service, die angeboten werden. Man läßt seinen Rucksack in die nächste Unterkunft liefern (für 6 €) und läuft am Tag nur mit einem ganz kleinen Rucksack, für Wasser, Nahrung und z. B. Regenzeug, Pflaster, Bandagen etc. Dies wäre für uns beim nächsten Mal auch eine Überlegung wert.
Auf jeden Fall hat sich der "Herbergsschrecken" für mich schnell verflüchtigt und für Jörg als ehemaligen Berufssoldate war das eh kein Thema.
Noch eine kleine Anmerkung, was uns noch sehr aufgefallen ist - die Toiletten. Wir haben in Frankreich und Spanien keine schnutzigen, oder stinkenden WCs vorgefunden. Weder in den Herbergen oder Hotels, noch (und das ist sehr bemerkenswert!) auf Raststätten, Parkplätzen oder anderen öffentlichen Kols. Überall roch es angenehm und war sauber. Und alle waren kostenfrei (in DE 0,70 bis 1€)!
Wir wünschen euch einen schönen Sonntag. Genießt das tolle Wetter ☀️